Die hohe Kunst des Kegelns

Weil/Malsburg und der Wehr-Öflingen kegeln drittklassig – und stemmen sich gegen den Trend.

Stabiler Lauf? Olaf Lang und seine Kugel Foto: Alexandra Buss
Stabiler Lauf? Olaf Lang und seine Kugel Foto: Alexandra Buss

SPORTKEGELN. Eine ruhige Kugel schieben. Was nach Müßiggang und Beamtenmikado klingt, passt im Zusammenhang mit Sportkegeln wie die Faust aufs Auge. Es ist keine Haudrauf-Sportart, wie der respektlose Laie annimmt. Vielmehr sind gute Nerven, respektive eine ruhige Hand gefragt, um der Kugel auf dem Weg zu den rund 30 Meter entfernten neun Kegeln einen stabilen Lauf zu verleihen. Am Hochrhein gibt es mit den Verbandsligamännern der SG ESV Weil/A9 Malsburg und dem KSC Wehr-Öflingen zwei Drittligisten, die durchaus ambitioniert sind.

Sogar einen waschechten Vizeweltmeister haben sie. Wenn Joachim Gottschalk, 63, über die Weiler Kegelbahnen im Nonnenholz schlendert, wird er aber nicht über Gebühr wahrgenommen, zumal sich der Andrang selbst bei Spitzenpartien in Grenzen hält. Den Keglern geht es ja wie vielen anderen Sportlern, sie wettstreiten fast im Verborgenen. "Zuschauer gibt es bei uns eigentlich nie", sagt der Weiler Mannschaftskapitän Olaf Lang, der das natürlich schade findet, denn der 46-Jährige könnte sich vermutlich stundenlang darüber auslassen, wie rasant und spannend er seinen Sport, den er seit Jahrzehnten betreibt, findet.

Kegeln wird zurecht als Präzisionssportart bezeichnet, es geht um Genauigkeit, um stabile Nerven und nicht zuletzt auch um Kondition. Der Vorwurf des Kneipensports begegnet den Keglern immer wieder, doch selbst durch ständiges Wiederholen wird er nicht richtiger (siehe auch Artikel unten). Vermutlich ist der Konsum von Gerstensaft rund um die Fußballplätze deutlich höher als in den Kegelhallen, wo er bei Wettkämpfen sowieso verboten ist. Seriosität in der Wettkampfvorbereitung ist zwingend erwünscht. "Bei uns ist es in der Regel so, dass nur der zum Einsatz kommt, der unter der Woche auch trainiert hat", sagt Lang. Zweimal sollte pro Woche geübt werden, regelmäßiges Trainieren wirkt sich positiv auf die Koordinationsfähigkeiten aus. Tennisspieler trainieren ja auch millionenfach Vor- und Rückhand, Fußballer bis zum Geht-Nicht-Mehr den Innenrist-Pass, Kegler feilen an ihrer Technik und versuchen den Ablauf zu automatisieren. "Konzentrationsfähigkeit gehört zu unserem Sport, eine gewisse Ausgeglichenheit ist wichtig", sagt Lang. "Man muss sich auf die richtige Bewegung konzentrieren. Die hohe Kunst beim Kegeln ist, immer den gleichen Ablauf hinzubekommen, nichts anders zu machen." Und wie der Elfmeterschütze beim Kicken sollte der Kegler auf der Bahn "am besten an nichts denken".

Eine rechte Physis ist unabdingbar. "Wem es bei der Kondition fehlt, der kann die 120 Wurf kaum durchhalten", wirft Michael Thomann, vom Weiler Ligakonkurrenten Wehr-Öflingen ein. Bei der Variante "in die Vollen", bei der die neun Kegel nach jedem Versuch neu aufgestellt werden, ist der Unterschied zum Hobbykegler überschaubar. "Die Spreu trennt sich vom Weizen, wenn es ans Abräumen geht", sagt Lang. Hier geht es um Zentimeter, ach was, um Millimeter, wenn nur noch ein, zwei Kegel stehen. Präzision, der exakte Wurf und der richtige Drall, sind gefragt. Für die vier mal 30 Wurf (15 in die Vollen, 15 Abräumen) sind je zwölf Minuten veranschlagt. Olaf Lang ("nach den 120 Wurf bin ich von oben bis unten nass geschwitzt"), der wie die meisten aktiven Kegler seine eigene, zirka 2,5 Kilogramm schwere Kugel mit zum Wettkampf bringt, achtet dabei auf seine innere Uhr.

"Ich nehme mir meine Zeit, man will ja seinen Rhythmus finden", sagt er. Jeder pflegt seinen Stil: "Manche spielen mit viel Power. Ich gehöre auch zu denen, die auf der Bahn mal ganz gern Gas geben. Es geht aber eigentlich um die Technik genau auf den Punkt, nicht nur ums Tempo." Nicht zuletzt hängt die gewählte Herangehensweise von der Beschaffenheit der jeweiligen Bahn ab. Was auf Asphalt gut ist, kann auf Kunststoff kontraproduktiv sein. "Weil hat eine vermeintlich einfache Bahn, dort kommt man auch als Auswärtsteam gut zurecht", sagt Thomann und wird in seiner Erklärung sehr theoretisch: Keglerlatein. Ein Wettkampf summiert sich auf annähernd drei Stunden, da ist auch Geduld gefragt. Abhängig von der Zahl der Bahnen vor Ort (vier bis sechs) kann die Wartezeit an den Nerven zehren.

Bei Vizeweltmeister Gottschalk – mit der deutschen Nationalmannschaft 1976 in Wien – hatten sich die etwa 700 Würfe pro Woche nicht positiv auf Knochen und Gelenke ausgewirkt. Der mehrmalige Weiler Sportler des Jahres veränderte daraufhin seine Technik und legte nach mehr als 20 Jahren Aktiv-Kegeln eine lange Pause ein. Inzwischen kegelt er wieder bei der SG, die vor sechs Jahren mit A9 ("Alle Neune") Malsburg fusionierte. Gottschalk hat ganz andere Zeiten erlebt, Weil galt als Kegel-Hochburg: sieben Jahre Bundesliga, lange Jahre zweithöchste Liga, ehe es peu a peu wieder in die andere Richtung ging. Heute kämpfen sie, wie die Öflinger, um Nachwuchs.

"Schwieriges Thema", schnauft Thomann. Der Trend in einer immer angebotsreicheren Gesellschaft ist auch beim Kegeln eindeutig und kaum mehr zu beeinflussen. Nachrücker rekrutieren sich "eigentlich nur noch aus den eigenen Reihen, fast nur noch über die Familienschiene". Beim Schopfheimer Kegelklub Blau-Weiß, mit dem Wehr-Öflingen fast zehn Jahre als Spielgemeinschaft antrat und im Sommer erstmals den Sprung in die Verbandsliga schaffte, mussten sie der mangelnden Nachfrage Tribut zollen. Thomann: "Sie haben sich aufgelöst, die Mitglieder sind jetzt bei uns." Möglicherweise gibt ja der gute Start in die erste Drittliga-Saison des KSC (drei Punkte nach drei Spielen) den erhofften Antrieb. Denn das Grundpotenzial ist gewaltig: Der Deutsche Kegler- und Bowlingbund schätzt die Zahl der Hobbykegler hierzulande auf 14 Millionen. Olaf Lang und Michael Thomann könnten ihnen erzählen, was am Kegeln so toll ist. Stundenlang.

Die Regeln haben in den letzten Jahren einige Differenzierungen erlebt. So listet der Gastgeber nun vor dem Wettkampf seine sechs Akteure auf, der Gast kann daraufhin entsprechend setzen. Einem "Unschlagbaren" beim Gegner wird vom Gäste-Kapitän meist der vermeintlich schwächste Kegler des eigenen Teams zugeordnet. Die Punktezählung ist simpel: Alle gefallenen Kegel werden addiert, im Einzelduell bekommt der Sieger einen Punkt, bei Remis wird geteilt. Zudem werden alle gefallenen Kegel addiert, das bessere Team bekommt zwei zusätzliche Punkte. Bei Vergehen kann der Schiedsrichter Gelbe und Rote Karten verteilen. Verändert wurden auch die (noch nicht überall eingesetzten) Kegel, die nun bauchiger gestaltet sind.
BZ Fr, 10. Oktober 2014

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Landesmeister 2016 Heidebrecht Klaus Sennioren B 08.Mai 2016
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Südbadischer Landesmeister 2015-2016
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Landesmeister 2014 Kai Osswald
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