Die Glanzzeiten sind vorbei

Die Verbandsligisten Wehr-Öflingen und ESV Weil/A9 Malsburg inmitten der Kegelkrise / Weiler vor dem Abstieg – Samstag Derby.

Schmerzlich vermisst: Weils Olaf Lang hat seine Laufbahn „rigoros beendet“. Foto: zvg
Schmerzlich vermisst: Weils Olaf Lang hat seine Laufbahn „rigoros beendet“. Foto: zvg

KEGELN. Wenn die Verbandsliga-Kegler des KSC Wehr-Öflingen am Samstag die SG ESV Weil/A9 Malsburg empfangen, ist das in doppelter Hinsicht ein Kampf gegen Trends: gegen das Abstiegsgespenst und die Kegelkrise. Zwei Vereine, die dem Niedergang des einstigen Lieblingssports der Deutschen trotzen (wollen).

Beim Kegeln kommt der ganze Mensch zum Vorschein, wusste schon Franz Kafka. Kegeln ist die Kunst, einen Umsturz zu machen, indem man eine ruhige Kugel schiebt, ergänzte knapp ein halbes Jahrhundert später der Satiriker Jürgen von Manger. Kegeln. Ein Begriff der Erinnerungen weckt. Assoziationen von gewienerten Dielen, Kindergeburtstagen, Feierabendpils, Kreidetafeln und Mannschaftsfeiern.

Das Schwelgen in Erinnerungen hat Symbolcharakter. Kegeln ist in der Krise und droht zum Sport der Vergangenheit zu werden. Mit einer durchaus illustren Geschichte. Seit dem 19. Jahrhundert tauchten hierzulande immer mehr Kegelbahnen in den Gaststätten auf. Zuvor war der Sport jahrhundertelang im Freien gespielt worden. Erste Kegelgemeinschaften entstanden dann kurz vor jener Jahrhundertwende.

Zur gleichen Zeit gelangte der Sport über deutsche Auswanderer in die USA. 1885 gründete sich in Dresden der Zentralverband deutscher Kegelklubs, der bis heute als Deutscher Keglerbund (DKB) besteht. Ein regelrechter Boom entstand in den 1970er Jahren. Keine Kneipe schien den Trend verpassen zu wollen. Kegelbahnen so weit das Auge blickte. Der DKB zählte zu Hochzeiten nach der Wiedervereinigung mehr als 200 000 Mitglieder. Über 5 000 Kegelclubs gab es bundesweit. Deutschland, ein Land der Kegler.

Doch die Glanzzeiten sind vorbei. Der DKB ist auf 80 000 Mitglieder geschrumpft, Jahr für Jahr gehen die Zahlen um fünf Prozent zurück. Der organisierte Durchschnittskegler ist weit über 50, Jugendspieler sind 30, nur zehn Prozent jünger als 18. Ein dystopisches Szenario: Kegelbahnen stehen leer. Gastwirte bauen um. Bundesligaspiele finden vor 50 Zuschauern statt. Dass die Frauen-Nationalmannschaft Weltmeister wurde und die Männer Bronze gewannen, haben nur Eingeweihte mitbekommen. Und: Kindergeburtstage feiert so kaum einer mehr. "Ausgekegelt", titelte kürzlich die Tageszeitung "Die Welt".

Früher sieben Aktiv-Teams, heute noch 20 Kegler

"Jaja, das stimmt schon, wir bekommen das mit", ächzt Günter Osswald. In der Stimme des 63-jährigen Blechverarbeiters schwingt zur Mittagspause am vorletzten Tag der Woche mächtig Wehmut mit. Er hat das Vor-Wendehoch und den Niedergang der letzten Jahre erlebt. Ein Zeitzeuge. Seit 38 Jahren kegelt er mehrmals wöchentlich, seit 30 Jahren in Weil. Vor vier Jahren hat er die Abteilungsleitung der Spielgemeinschaft Weil-Malsburg übernommen. Schon der Zusammenschluss entstand, um dem Mitgliederrückgang beizukommen. Früher zählte sein Verein sechs aktive Männer- und eine Frauenmannschaft. Heuer hat der Club gerade einmal 20 aktive Kegler. Und es gehe, so Osswald, "weiter kontinuierlich zurück".

Auch sportlich könnte es rosiger laufen. Das Weiler Aushängeschild, die Männermannschaft in der Verbandsliga, steht zur Saisonmitte abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Zwei unersetzliche Kegler sind weggebrochen. Einerseits Osswald selbst, dem ein doppelter Fersensporn jegliche Holz-Abräumung verbietet. Andererseits, und das wiegt schwerer, hat die SG in Olaf Lang ihren langjährigen Kapitän, Leistungsträger und Sportwart verloren. Ein Verein in der Krise, dessen Sportart in der Krise steht: eine hochfeine Krisenakkumulation der besonderen Art.

"Irgendwann ist eben Schluss", sagt der schmerzlich vermisste Ex-Kapitän. 18 Jahre lang hat Olaf Lang für Weil seine Kugeln geschoben. Nach mehreren Verletzungen im Herbst beendete der 50-Jährige seine Laufbahn. "Ich wollte einen rigorosen Schlussstrich ziehen", sagt er. Der Niedergang seiner Sportart schmerzt ihn sehr. "Der Sport ist aber auch überparagraphisiert", findet der Heilpädagoge. Brandschutz, Bestandsschutz, Verbandsvorgaben – zu viele Regelungen, um einen Sport attraktiv zu halten. "Zudem gibt es das Ehrenamt so nicht mehr", stöhnt Lang.

Auch beim Derby-Gastgeber Wehr-Öflingen ist die Krise spürbar. "Die Zahlen sind leider immer rückläufiger, immer mehr Bahnanlagen werden geschlossen, Zuwachs zu bekommen, ist sehr schwer", sagt der Kapitän des Tabellen-Siebten, Michael Thomann. Für das kommende Jahr habe der Verband in Südbaden eine Schulkooperation angekündigt. "Ein großes Finale soll dann in Freiburg stattfinden", verrät Osswald. Doch ob es etwas nützt?

Fürs Derby haben sich beide Teams viel vorgenommen. "Der Ausgang ist relativ offen", vermutet Heimkapitän Thomann. "Den Abstieg abzuwenden wird schwer, aber wir versuchen alles", erwidert der Abteilungsleiter der Gäste. Im Kampf gegen den Niedergang ihrer Krise zumindest sind sie vereint.

BZ vom Fr, 19. Januar 2018

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